Blog Pete im Strandcafe in Lakey Peak

Pete`s Surf Diaries: Where is my mind?

Thoughts in troubled times...

Es ist Anfang Mai 2021 in Portugal. Ich sitze auf dem Balkon meiner Wohnung. Die Sonne scheint wohltuend auf meinen Körper. Ein Duft von gegrilltem Oktopus liegt in der Luft. In der Ferne höre ich das Rauschen des Meeres. Meine Wohnung ist in unmittelbarer Nähe zum Meer. Ein neuer Swell ist angekommen. Ein vielleicht letztes Mal vor der Sommersaison mit kleineren Wellen bäumt sich der Ozean auf und verschafft uns 3,5 Meter Wellen. Leider kommt der Wind aus einer schlechten Richtung, dadurch bleibt die epische Surfsession aus. Ich beschäftige mich mit gewöhnlichen Dingen des Wochenendes. Heute ist Muttertag! Ein obligatorischer Anruf in die alte Heimat bleibt nicht aus. Ich sage meiner Mutter, dass ich sie lieb hab.

Ein Satz, der in dieser Zeit noch viel mehr an Bedeutung gewonnen hat. Covid-19 ist allgegenwärtig. Die Welt spielt verrückt. Es ist ein Szenario, welches ich bis dato nur aus Filmen kannte. Impfungen versprechen hoffentlich bald einen langsamen Ausweg und lassen auf ein normales Leben später in diesem Jahr hoffen.

Surfen geriet fast ein wenig in den Hintergrund. Man konnte sich dem Thema nicht entziehen, egal wo man sich auf der Erde aufgehalten hat. Selbst Regierungen verbaten sportliche Aktivitäten an den Stränden in Europa und zum Teil auf der ganzen Welt und trafen alle Surfer damit direkt ins Herz. Zum Glück hielten diese Regeln nicht ewig und somit konnten wir bald unser Leben wie gewohnt dem Rhythmus der Gezeiten anpassen.

Genau in dieser Zeit passierte etwas, was mir immer öfters in den letzten Jahren gefehlt hat. Die Liebe zum Surfen! Surfen ist ein Teil meines Lebens seit nun fast zwei Jahrzehnten. Es gehört in meinen Alltag, wie Duschen oder Zähneputzen. Aber ich habe mich auch daran gewöhnt und empfand es nicht mehr als speziell. Klar liebte ich den Ozean und die Wellen, aber es fühlte sich auch ein wenig abgenutzt an.

Im März 2020 saß ich auf Sumbawa, eine von vielen Indonesischen Inseln mit epischen Wellen. Gregor und ich waren erst vor einigen Tagen in Indonesien angekommen. Wir hatten uns noch nicht einmal an das Leben und das Klima dieses tropischen Paradieses angepasst, da wurden wir auch schon gezwungen auf Grund von Covid19 die sofortige Rückreise anzutreten. Es ging alles so schnell und erschien surreal, dennoch ging sich für mich aber noch eine alles verändernde Surfsession aus, die ich in meinem Leben nie wieder vergessen werde und mir wohl die Richtung für viele weitere Jahre weisen wird.

Ich saß an einem scheinbar endlosen linken Pointbreak im Wasser. Ich war ganz allein. Ich war zu tiefst erschüttert von den Ereignissen und wollte Abschied von den Wellen und der Insel nehmen. Es fühlte sich an, als würde mir jemand mein Leben rauben wollen. Die Wellen waren perfekt. Trotzdem musste ich am nächsten Tag nach nur wenigen Tagen wieder nach Hause fliegen. Eine ungewisse Zukunft mit einem Lockdown in Deutschland wartete auf mich. Ich war den Tränen nahe. Als ich total in meinen Gedanken war und versucht habe, die Wellen mit Würde zu surfen, passierte etwas Magisches. Plötzlich tauchte eine Wasserschildkröte unmittelbar in meiner Nähe auf und schaute kurz zu mir herüber um Luft zu holen, bevor sie wieder abtauchte. Es wirkte so, als würde sie mich trösten wollen. Ich surfte einige Wellen und plötzlich kam Sie wieder, als wolle sie checken, ob es mir nun zwischenzeitlich wieder gut gehe. Dann verstand ich ihre Zeichen.

Ich schaute mich um und die Bilder der Landschaft und die Farben der Nachmittagssonne auf der spiegelglatten Wasseroberfläche prägten sich für immer in mein Gedächtnis ein und raubten mir den Atem. Es entstand tief in mir ein Gefühl der unendlichen Dankbarkeit für diesen einzigartigen Moment der Glückseligkeit.

Da war es wieder, dieses eine Gefühl, welches dir nur Surfen geben kann. Dieser ungemein zufriedenstellende Kontrollverlust von Raum und Zeit. Dieser „Flow Moment“, der augenblicklich alle Probleme aus der Welt zu schaffen vermag. Seit dieser einen Session auf Sumbawa in Indonesien, verliebte ich mich wieder neu in das Surfen. Ich fühle mich wieder wie damals, als surfen noch nicht mein Beruf war. Surfen half mir bisher immer durch die schwierigsten Momente meines Lebens. Es ist meine Medizin, mein Lebenselexier.

Seither schaffe ich es wieder mich auf das Surfen einzulassen. Jede gute Welle, jeder saubere Turn, jeder schöne Moment im Ozean befreit mich von Dingen, die in dieser Zeit der Pandemie all so mächtig erscheinen und uns allen viel Willenskraft und Ausdauer abverlangen. Wenigstens bleibt der Ozean der Gleiche und liefert eine erfreuliche Konstante. Ihm sind Fallzahlen und Statistiken egal.

Die Wellen werden angetrieben durch die Energie der Stürme, viele tausende Kilometer von uns entfernt. Wenn diese Energie in Form einer Welle sichtbar wird, werden wir ein Teil dieser Energie. Wie nehmen Sie in uns auf, versuchen Sie zu beherrschen. Dann geben wir Sie wieder dem Ozean zurück. Die Energie hat sich scheinbar entladen und ist für immer weg, so wirkt es zumindest auf uns.

Doch in Wahrheit ist sie noch immer da und beeinflusst uns weiterhin in unserem Tun und Handeln. Denn unser Leben ist ein ewiger Kreislauf von Glück und Unglück, Freude und Traurigkeit, Hoffnung und Verzweiflung. Genau wie der Rhythmus des Ozeans mit seinen Stürmen oder Flauten oder Ebbe und Flut leben wir mit Höhen und Tiefen und lernen damit umzugehen.

Also lasst uns die Höhen im Leben um so mehr genießen, um genug Kraft für die Tiefen zu haben.

SEA you soon,

Pete

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